Eric Brenman
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Institute of Psychoanalysis, London (eigene Übersetzung ins Deutsche)
Eric Brenman (1920–2012) war ein scharfsinniger und mitfühlender Therapeut, der stets darauf bedacht war, die analytische Beziehung als wechselseitig anzuerkennen. Auf diese Weise können sowohl Analysand als auch Analytiker den jeweiligen Wert erkennen, den sie füreinander haben.
Brenman untersuchte die internalen und externalen Kräfte, die eine stabile Internalisation des guten Objekts behindern können - sowohl beim Analytiker als auch beim Klienten. Das Wiederfinden der guten Objektbeziehung, die auf das Durcharbeiten der depressiven Position folgt, ist die zentrale Aufgabe jeder Analyse. Brenmans maßgebliche Schriften sind in einem Buch zusammengeführt: ›Recovery of the Lost Good Objekt‹ (Routledge 2006), auf Deutsch ›Vom Wiederfinden des guten Objekts‹ (frommann-holzboog 2013).
Leben und Karriere:
Brenman wurde in London als Sohn einer jüdischen Familie geboren, die ursprünglich aus Odessa stammte. Er wuchs im Londoner Norden auf und absolvierte seine praktische medizinische Ausbildung auf der St. Batholomew’s Horpital Medical School. Nach seiner Approbation trat er in die Armee ein und war Teil der D-Day-Landungen in der Normandie. Nach dem Krieg arbeitete zuerst am Hammersmith Hospital und dann am Napsbury Hospital er als Psychiater. Von 1950 bis 1955, zur selben Zeit als Jock Sutherland Direktor war, war Brenman leitender Facharzt an der Tavistock Clinic. Er schloß seine psychoanalytische Ausbildung 1954 im Alter von nur 34 Jahren ab und arbeite ab 1955 Vollzeit als niedergelassener Psychoanalytiker in eigener Praxis. Brenman blieb seiner Identität als Doktor immer sehr verbunden. Er unterzog sich einer Psychoanalyse bei Hanna Segal und war mit Irma Brenman Pick, einer bedeutsamen Kleinianischen Psychoanalytikerin, verheiratet. Zusammen mit Irma reiste und unterrichtete er in ganz Europa. Er war Lehranalytiker und Supervisor der Britischen Psychoanalytischen Gesellschaft. Außerdem fungierte er als Präsident der Britischen Psychoanalytischen Gesellschaft und als Vizepräsident der International Psychoanalytical Association.
Brenman war maßgeblich daran beteiligt, einen klinischen Dialog zwischen Vertretern unterschiedlicher theoretischer Ausrichtung anzustoßen und dies zu einer Zeit, in der die Differenzen zwischen den drei sogenannten ›Gruppen‹ innerhalb der Britischen Psychoanalytischen Gesellschaft von Spannung und Konflikt geprägt waren.
Brenmans kultivierte Persönlichkeit und seine humanistisch ausgerichtete Psychoanalyse spiegeln sich auch in seinen Schriften wieder, die oft Bezüge zur Kunst, Literatur und Philosophie herstellen und auf diese Weise den Dialog zwischen den Disziplinen fruchtbar befördern.
Alle, die mit ihm zusammen arbeiteten, schätzen ihn für seine Weisheit, seinen Sinn für Humor und sein Mitgefühl.
Frühe Objektbeziehungen:
Brenman schreibt der Fähigkeit der Mutter eine zentrale Rolle zu: sie soll das Kleinkind dazu zu befähigen, sein primitives Abwehrsystem (Allmacht, Spaltung, Projektion des Todestriebs, Isolierung) aufzugeben, das ursprünglich essentiell für das Überleben war. Die verführerische »Falschheit« allmächtiger Abwehrmechanismen kann nach und nach zugunsten der wahren Beziehung zwischen Mutter und Kind aufgegeben werden.
Brenman interessierte sich sehr dafür, wie sich das in der Übertragung entfaltet. Wenn der Analytiker dem Klient dabei hilft, dem scheinbar Unerträglichen ins Auge zu sehen, braucht er gleichzeitig auch die Erfahrung eines analytischen Objekts, das wirklich in der Lage ist, dem Unerträglichen gegenüberzutreten, das seine eigenen Gefühle der Hilflosigkeit und Wertlosigkeit aushalten kann, besonders wenn der Klient ihn als wahrhaft gutes Objekt in Frage stellt. Der Klient sieht den Analytiker nun in seiner Gesamtheit und man sollte sehr viel Aufmerksamkeit darauf verwenden, auf welche Weise der Analytiker internalisiert wird. Brenman warnt den Analytiker davor, sich als perfekter, allwissender narzisstischer Container zu präsentieren – dies hätte lediglich weitergehende narzisstische Identifizierung zur Folge, die die Hoffnungslosigkeit des Klienten bestätigt, jemals eine wahrhaftige wenn auch begrenzte menschliche Verständigung erreichen zu können. Der Analytiker sollte, wie eine gute Mutter, sowohl auf den Einfluss primitiver Abwehrmechanismen achten als auch auf den Wert menschlicher Verständigung. Auf diese Weise kann er den Klienten in die Lage bringen, sich der Unbeständigkeit des Lebens zu stellen. Die Analyse gibt dem Klienten die Möglichkeit, seine eigene Geschichte auf andere Weise zu erforschen.
Das primitive Superego:
Brenman glaubt, dass das Superego, insbesondere sein schonungsloser, primitiver Teil (der Prototyp davon ist das melancholische Superego, wie es Freud und Abraham beschrieben haben), den Konflikt zwischen Liebe und Zerstörungskraft bildet und dessen Ausgang bestimmt. Liebevolle menschliche Verständigung kann dabei den Schweregrad beeinflussen. Ein solches Superego ergreift die Macht, wenn die Internalisierung des guten Objekts scheitert. Das Superego, das den Wert menschlicher Verständigung an sich attackiert, benimmt sich wie ein fundamentalistischer Gott, der totale Hingabe verlangt. Brenman bringt einen theoretisch und technisch wichtigen Punkt vor: Interpretationen der Zerstörungskraft können nur dann für den Klienten bedeutungsvoll sein, wenn er zumindest teilweise Zugang zu einer guten Objektbeziehung hat. Bei hochgradig depressiven oder narzisstischen Klienten, oder solchen, die in einer Sado-masochistischen Sackgasse stecken, kann eine Interpretation der Zerstörungskraft wie ein Vorwurf eines anderen unflexiblen Superegos wirken, das verlangt, der Klient solle ideal und frei von Hass sein.
(Gigliola Fornari Spoto 2014 – courtesy of the Melanie Klein Trust)
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