Riccardo Pozzo

Meinen eigenen Weg zur Philosophie fand ich relativ früh. Dies verdanke ich vor allem den zahlreichen philosophischen Büchern in der Bibliothek meiner Eltern sowie dem immer noch stark von Gentiles Idealismus und Croces Historismus geprägten italienischen Gymnasialwesen. Es galt in den Siebzigerjahren als selbstverständlich, dass Schüler nicht nur die gesamte Philosophiegeschichte aus Handbüchern beherrschten, sondern auch aus eigener Initiative Werke kontroverser Autoren wie Hegel, Marx, Schopenhauer und Nietzsche lasen und diskutierten.

Philosophische Forschung bedeutet für mich eine lebenserfüllende Aufgabe. Schon als Schüler wurde mir klar, dass ich nur Philosophie studieren konnte. Die Wahl jedes anderes Faches hätte das Lesen philosophischer Bücher nur auf freie nächtliche Stunden verschoben. Demnach entschied ich mich lieber direkt für ein Studium der Philosophie; eine Wahl, die ich auch dank meiner außerordentlichen Lehrer nie bereute. In Mailand lehrte zu jenem Zeitpunkt Mario Dal Pra, damals Nestor der italienischen Philosophiehistoriker; in Heidelberg war mein Lehrer der Gründer der modernen Hermeneutik, Hans-Georg Gadamer; in Salzburg der Linguist Gaberell Drachman; in Saarbrücken waren es der Hegelforscher Karl-Heinz Ilting und der Logikhistoriker Wilhelm Risse sowie der Anthropogeograph Dietrich Fliedner und der Historiker Richard van Dülmen; in Wolfenbüttel der Germanist Peter Ganz und schließlich in Trier der Kantforscher Norbert Hinske.

Zum Einstieg in die Philosophie empfehle ich – dem Rat Melanchthons folgend - zunächst alle Dialoge Platos, da sie den Anfang aller Logik und Metaphysik beinhalten, und erst anschließend die Schriften des Aristoteles, dank derer man den Betrieb der Wissenschaft erlernen kann.

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