Johann Friedrich Flatt
evangelischer Theologe,
* 20.2.1759 Tübingen,
† 24.11.1821 Tübingen.
F. trat hauptsächlich als Moraltheologe und durch seine Studien zur Kantischen Philosophie hervor. Seinen Zeitgenossen galt er als »Verteidiger des Christentums«. Mit F. G. Süskind und seinem Bruder Karl Christian gehörte er zur sogenannten »Älteren Tübinger Schule« G. Ch. Storrs.
F. studierte in Tübingen (Stiftler), wohin er nach einer Bildungsreise (Göttingen: L. Th. Spittler, G. J. Planck) 1785 als außerordentlicher Professor der Philosophie zurückkehrte. F.s Stellung ist – wie die der gesamten Schule – zwiespältig: wohl war mit der Übernahme von Kants Kritik der theoretischen Vernunft freier Raum für die biblische Offenbarungsautorität gewonnen; besonders die von F. vollzogene Auseinandersetzung mit dem Kantischen Kritizismus festigte die Autorität der Bibel und der Offenbarung. Dadurch blieben die Traditionen der schwäbischen Bibeltheologie (J. A. Bengel) dem Supranaturalismus erhalten, so daß der ethische Biblizismus den Vertretern der Erweckungsbewegung des 19. Jahrhunderts die Anknüpfung an den älteren Pietismus erleichterte. Doch war an die Stelle der orthodoxen Inspirationslehre ein Beweisverfahren mit Vernunftgründen getreten. Der historische Beweis für eine übernatürliche göttliche Offenbarung innerhalb der Heiligen Schrift führte zu einer Harmonisierung von Vernunft und Offenbarung: die Offenbarung sei nicht widervernünftig, sondern übervernünftig.
In der Exegese wurde die Heilige Schrift als ein durch göttliche Autorität beglaubigter Lehrkodex aufgefaßt; F.s scharfsinnige und gründliche Exegese erreichte die Tiefe Storrs nicht, teilte aber dessen atomistischen Schriftgebrauch. Auch in der Ethik blieb das Schema des Supranaturalismus als einer konservativen Spielart der Aufklärung bestehen: die christliche Moral habe nur wenig eigentümliche Gebote vor der Vernunftmoral voraus. Mit seinem intellektualistischen Beweisverfahren und seiner Moralisierung der Dogmen verharrte F. auf dem Boden der Aufklärung. Ansätze zu einer philosophischen Behandlung der Dogmengeschichte finden sich auch bei F., wenn er die Ähnlichkeit der Ethik Sozins mit der Kantischen zu erweisen sucht.
Als Professor der Philosophie las F. in Tübingen als erster über Kant; 1792 wurde er außerordentlicher Professor der Theologie und 1798 Nachfolger Storrs und trug hauptsächlich Christliche Sittenlehre, daneben neutestamentliche Exegese, Apologetik, praktische Theologie, nur kurze Zeit Dogmatik vor.
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