Francisco de Vitoria
Francisco de Vitoria (* um 1483 in Burgos oder Vitoria; † 12. August 1546 in Salamanca) war ein katholischer Moraltheologe und Naturrechtslehrer sowie Begründer der spanischen Barockscholastik und der Schule von Salamanca.
Francisco de Arcaya y Compludo, wie Vitoria mit richtigem Namen hieß, trat 1505 dem Dominikanerorden in Burgos bei, der gerade eine tiefgreifende Reform erlebt hatte. Der junge Ordensmann wurde zum Studium an die renommierte Universität Paris geschickt, wo er u.a. Schüler des Dominikaners Pierre Crockaert wurde, mit dem er die erste Kommentierung der ›Summa theologiae‹ Thomas von Aquins editierte. Nach seiner Rückkehr nach Spanien 1523 unterrichtete Vitoria zunächst in Valladolid, 1526 wurde er an die Universität Salamanca berufen, das intellektuelle Zentrum Spaniens. Vitoria ersetzte das bis dato übliche theologische Lehrbuch, den Sentenzenkommentar des Petrus Lombardus, durch die ›Summa theologiae‹ Thomas von Aquins. Dies erlaubte ihm, aktuelle ethische Fragen seiner Zeit im Rahmen des theologischen Traktates zu behandeln, da Thomas die aristotelische Ethik in seine Theologie integriert hatte. In eigenständiger Weiterentwicklung der thomanischen Moraltheologie und kritischer Auseinandersetzung mit Nominalismus und Humanismus entwickelte Vitoria einen naturrechtlichen Ansatz, der ihn zum Gründer der Schule von Salamanca werden ließ. In die aktuellen Debatten mischte sich Vitoria durch seine öffentlichen Vorlesungen (›Relecciones‹) ein, in denen er prinzipielle Überlegungen u.a. auf die kontrovers diskutierten Fragen der spanischen Eroberung der Neuen Welt, der Rechte der indianischen Bevölkerung, auf wirtschaftsethische Fragen der Globalisierung des 16. Jahrhunderts wie auch der Reform von Kirche und Staat anwendete. Besonders wirkmächtig wurde Vitorias Konzeption des »ius gentium«. Ulpians Begriff des römischen Fremdenrechts fasste Vitoria neu als ein Recht, das aus Gewohnheitbei allen Völkern gilt. Auf diese Weise legte er den Grundstein für das moderne Völkerrecht. Die Kontroverse über die spanische Eroberung führte Vitoria durch Aufnahme und Weiterentwicklung der Debatte über den gerechten Krieg (»bellum iustum«) im Anschluss an Augustinus und Thomas; seine implizite Ablehnung der Argumente der Kolonisatoren wie der Krone führte zu einem Publikations- und Redeverbot durch den spanischen König. Aus diesem Grund sind von Vitoria nur Mitschriften seiner Schüler erhalten, keine eigenen Ver-öffentlichungen. Jedoch fanden seine ›Relecciones‹ bereits Mitte des 16. Jahrhunderts große Verbreitung.
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