Nicodemus Frischlin

Dichterhumanist, * 22.9.1547 Erzingen bei Balingen (Württemberg), † 29.11.1590 Hohenurach. (evangelisch)

Genealogie

V Jakob (1522–66), Pfarrer, S d. Johann, Kunstweber u. hzgl. Hausschneider auf Hohentübingen (S d. Heinr., Ratsherr in Diessenhofen/Schweiz); M Agnes, T d. Büchsenmachers Joh. Ruoff; 9 Geschw., u. a. Jakob (1556-n. 1621), Schulmeister in einem Dutzend württ. Städte, erreicht als Poeta et Historicus Wirtembergicus nicht d. Bedeutung s. B, v. dessen Komödien er 4 ins Deutsche übers. u. mit Zusätzen u. Randglossen versah. Seine lat. u. dt., in Prosa wie in Versen mit großem Eifer verfaßten Abhh. z. württ. Gesch. sind unkritisch. Wie s. B besingt er gern fürstl. Hochzeiten u. Hoffeste, z. B. »Drei schöne u. lustige Bücher v. d. Hohenzoller. Hochzeit« (Augsburg 1599, hrsg. v. A. Birlinger als Btr. z. schwäb. Sittenkde., 1861). Das Theaterstück »Hans v. Würtemberg« (Straßburg 1612) soll durch derbe Spaße u. Possenfiguren wirken; ⚭ Anf. Nov. 1568 Margarethe, T d. hzgl. Hofmeisters d. Klosters Reuthin N. N. Brenz (N d. Reformators Johs. Brenz, † 1570, s. NDB III).

Leben

Nach Besuch der Schulen in Balingen und Tübingen wie der Klosterschulen Königsbronn und Bebenhausen wurde F. 1562 als Zögling des theologischen Stifts in Tübingen immatrikuliert, erwarb 1564 den Grad eines Baccalaureus, 1565 die Magisterwürde und erhielt 1568 die Lectio Poetices (außerordentliche Professur). Durch Kaiser Rudolf II. zum Dichter gekrönt und zum Pfalzgrafen ernannt, erfreute er sich lange Zeit der Gunst des Stuttgarter Hofes, lebte jedoch mit seinen Tübinger Kollegen, vor andern Martin Crusius, in verbissener Zwietracht, weshalb er 1582 die Leitung der Landesschule in Laibach übernahm. Nachdem F. den Winter 1584/85 mit Drucklegung seiner Werke in Straßburg verbracht hatte, kehrte er nach Tübingen zurück, wo alsbald die alten Fehden neu aufflammten. Ein unstetes Wanderleben führte den streitbaren Mann nun nach Prag, Wittenberg, Braunschweig, Kassel, Marburg, Frankfurt, Mainz, bis er auf Befehl seines Herzogs verhaftet und auf der Feste Hohenurach eingekerkert wurde, wo er bei einem Fluchtversuch tödlich abstürzte.

F.s schriftstellerische Tätigkeit war vielseitig, philologisch wie dichterisch: neben philologischen Abhandlungen übertrug er aristophanische Lustspiele ins Lateinische und verfaßte außer lateinischen Komödien, deren beste »Julius redivivus« (Straßburg 1585) mit großem Erfolg am Stuttgarter Hof aufgeführt wurde, auch deutsche Dramen, von denen er jedoch nur ein Stück, »Frau Wendelgard« (Tübingen 1581), drucken ließ. Seine Komödien wurden 1575-82 in Stuttgart und Tübingen häufig gespielt, so auch beim 100jährigen Jubiläum der Landesuniversität. Das Gelegenheitsgedicht fließt F. stets leicht aus der Feder; ebenso geläufig sind ihm Epigramm, Elegie, Ode, Epos, Schwank und Satire. Zumal die alte echte Kunstform der knappen Renaissance-Facetie meistert er als letzter Humanist mit spielerischer Leichtigkeit. Auch die ernste Dichtung religiösen Gehalts, die man von F. kaum erwartet, pflegt er gelegentlich. Doch seine Stärke sind Witz und Humor, Komik und Groteske, die er auch gern durch eingestreute volkstümliche Wendungen und Scherze aufblitzen läßt. Mit seinen lateinischen Komödien und Facetien hat sich F. ein bleibendes Denkmal gesetzt.

Werke von oder mit Nicodemus Frischlin:

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