Moses Mendelssohn

Der am 17. August 1728 in Dessau als Sohn des Toraschreibers geborene Jude, mütterlicherseits aus berühmter gelehrter Familie, folgte 1743 seinem zum Oberrabbiner ernannten Lehrer nach Berlin. Durch ihn war er sogar mit Maimonides’ Führer der Ratlosen vertraut, musste aber nun in dem fast zweisprachigen Berlin moderne Sprachen lernen. Bereits 1748 konnte er sogar lateinisch gehaltenen Vorlesungen im Joachimsthaler Gymnasium über antike Literatur und Philosophie folgen. Bis 1750 hungerte er sich durch Kopieren heiliger Texte durch. Kam aber außer mit jüdischen Gelehrten auch mit Christen aller Stände im »Gelehrten Kaffeehaus« sowie mit Akademiemitgliedern und um 1753 mit Lessing (*22. Januar 1729) zusammen.

Seit 1750 war er Hauslehrer bei dem zweitgrössten jüdischen Seidenfabrikanten, verfasste für den Zögling eine didaktische Zeitschrift auf hebräisch, die auch Kenntnis des Englischen belegt. Aus der Freundschaft mit Lessing entstanden sowohl 1754 seine ersten metaphysischen Schriften, die u.a. Kenntnis von Leibniz und Shaftesbury bezeugen, wie eine mit Lessing verfasste brillante Erwiderung auf das Preisthema der Akademie, Popes’ »All is best«. Durch die Bekanntschaft mit F. Nicolai (16. März 1733) kam es zu wöchentlichen Diskussionen über Literatur im deutschen Sprachraum, daraus entstanden als therapeutische Massnahmen 1757-1759 - bis auf einen Lessing-Beitrag - zusammen mit Nicolai die *Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste, 21 berühmt gewordene Aufsätze. Es folgten 1759 -1765 die Briefe, die neueste Litteratur betreffend, von deren 333 anonymen »Briefen« über ein Drittel von Mendelssohn stammen und von massgeblichem Einfluss auf Theorie und Praxis der Literaturwissenschaft sind. Auch an Nicolais ehrgeizigem Versuch, alle auf deutsch veröffentlichten Werke in der Allgemeinen Deutschen Bibliothek zu beachten, war Mendelssohn von 1765 bis 1784 als Berater und Mitarbeiter beteiligt.

Inzwischen war er 1763 Preisträger der Akademie (»Evidenz in metaphysischen Wissenschaften«) und 1767 durch Phädon, oder über die Unsterblichkeit der Seele und dessen Übersetzung in 10 Sprachen europaweit als »Sokrates des 18. Jahrhunderts« berühmt. Ausgelöst durch Lavaters unbedachte öffentliche Zumutung (1769), sich zum Christentum zu bekennen, erfolgte Mendelssohns bewusste Zuwendung zu religiösen Themen: 1770 der hebräische Kommentar zu Ecclesiastes, 1778 (auf Aufforderung der Regierung): Ritualgesetze der Juden. 1780 erschien die längst begonnene deutsche Übersetzung des Pentateuch mit hebräischem Kommentar, 1782 das Vorwort zu Menasse b. Israel, Vindicatio Iudaeorum, und 1783 die vor Jahren begonnene Übertragung der Psalmen. Ehe er am 4. Januar 1786 starb, gab es 1785 die Morgenstunden oder Vorlesungen über das Daseyn Gottes und Mendelssohns Verteidigung des Freundes gegen F. H. Jacobis Beschuldigung des Atheistseins: An die Freunde Lessings.

All dies war nur Teil einer intellektuellen Leistung, für die lediglich die Morgenstunden von 5-8 Uhr zur Verfügung standen. Hinzu kamen - neben Beratung Hilfesuchender, Briefwechsel mit Korrespondenten aus allen Teilen Europas - die Geschäftsreisen, ursprünglich als Buchhalter (1754), dann als Prokurist (1761) und schließlich als von Friedrich II. anerkannt erfolgreicher Leiter (1768) der zweitgrössten jüdischen Seidenmanufaktur Berlins. - Das Leben dieses Denkers war kurz, die Anerkennung, die er genoß, immens.

Werke von oder mit Moses Mendelssohn:


edition

UmschlagfotoUmschlagfotoUmschlagfotoUmschlagfoto

Moses Mendelssohn: Gesammelte Schriften. Jubiläumsausgabe

Herausgegeben von Michael Brocke und Daniel Krochmalnik.
1972
25 in 40 Bänden
Leinen
ISBN 978-3-7728-0318-5
Lieferbar

Einzelausgaben

Umschlagfoto

Moses Mendelssohn: Briefwechsel der letzten Lebensjahre

Sonderausgabe.

Herausgegeben und eingeleitet von Alexander Altmann.
1979
X, 342 S.
Leinen
ISBN 978-3-7728-0736-7
Lieferbar
€ 28,–
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